Der Autor
 

Foto + © Thomas Räse, Berlin
 
Paul Grote, Jahrgang 1946, wuchs in Berlin auf und siedelte dann für einige Jahre nach Hannover über.
Nach dem Ende der Schulzeit begann er in Düsseldorf eine Lehre als Werbekaufmann. Eine schnelle und steile Karriere in der Werbebranche schloss sich an. Wie es bei solchen Karrieren häufig der Fall ist, stößt man auch bald an ihre Grenzen: Paul Grote spürte rasch, das es nicht seine Sache war, Speiseöl, Schokolade oder Automobilhersteller schön zu reden.
Ihn interessierten der Mensch, seine Umwelt und seine Beweggründe (die Abgründe kamen erst später hinzu). Was lag da näher, als Gesellschaftswissenschaft zu studieren? An rasche Ortswechsel gewöhnt, zog er zum Studium nach Hamburg – in eine WG auf dem Kiez.
Nach Soziologie kam Politologie – danach schloss sich ein längerer Aufenthalt in Wien an, wo er eine Rockgruppe managte. Doch Wiener Schmäh und preußische Arbeitsauffassung vertrugen sich weniger. Also kam Hamburg wieder in Betracht und dort die Arbeit für ein großes Verlagshaus.
Was bringt Menschen dazu, bestimmte Wege zu gehen? Sind es Vorbilder? Politische Ideen? War es Hamburg als Tor zur Welt oder der Onkel, der vor dem II. Weltkrieg nach Uruguay auswanderte, der das Interesse für Südamerika weckte?
Einer Reise nach Mexiko schlossen sich andere nach Nicaragua an – lange bevor die deutschen Kaffeepflückerkolonnen dorthin aufbrachen. Als ihre Zeit begann, reiste Paul Grote nach Brasilien. Drei Monate sollten es werden, anderthalb Jahrzehnte sind es geworden, und das größte Land Lateinamerikas wurde seine zweite Heimat, offen und großzügig wie Einwanderungsländer nun einmal sind... dazu chaotisch, brutal und voller Lebenslust.
Es mag absurd klingen, die Seenlandschaft um Berlin mit dem Mündungsgebiet des Amazonas zu vergleichen. Doch die Verbindung von Wasser und Wald, als Kind auf dem Wannsee und der Havel erlebt, war so prägend, dass Grote sich besonders im Amazonasgebiet heimisch fühlte. Was da im Wasser schwamm und im Urwald kroch, stand auf einem anderen Blatt.
Man konnte es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lesen, im Zeit–Magazin, bei Merian und Geo (siehe Menüpunkt Reportagen/Fotos). Sechs Jahre verbrachte Grote am Amazonas, der Landschaft seines Lebens, wie er die Welt aus Flüssen, Urwald und Geschichten nennt. Goldsucher, Buschpiloten, Gummizapfer, Fischer und Gangster, Farmer, Militärs und Ingenieure, von ihnen erzählte er in seinem Buch „In Amazonien“, das bei Rowohlt erschien.
Doch Brasilien ist doppelt so groß wie das Amazonasgebiet. Der Süden wartete mit Themen wie den afro-brasilianischen Religionen, in Salvador da Bahia der Ethnologe und Mystiker Pierre Fatumbi Verger. Er gewöhnte ihm das Fragen nach dem Warum ab. Der koloniale Barock begeisterte, und Oscar Niemeyers faszinierendes Brasilia machte grübeln.

 

 

Im Pantanal begleitete er die Umweltpolizei bei der Jagd nach Krokodiljägern, in Sao Paulo die Einführung der A-Klasse von Mercedes.
‚Die Schöne unterm Zuckerhut’ nannte er seinen Bericht über die angenehmen Seiten von Rio de Janeiro, mit ‚Krieg den Hütten’ überschrieb FOCUS seine Reportage über den Drogenkrieg dieser Stadt. Doch Belo Horizonte, im brasilianischen Bergland und erst hundert Jahre alt, begeisterte ihn mehr und ließ ihn bleiben. An dieser Stadt mit einer Skyline wie Manhattan waren einst die Karawanen auf ihrem Weg an die Küste vorübergekommen, beladen mit Gold und Diamanten für Europa. Diesen Pfaden folgte er mit brasilianischen Freunden – und entdeckte bei Geländeritten seine Liebe zu den Pferden. Was lag da näher, als sich in Argentinien über die Zucht von Polopferden zu infomieren?
Doch in den argentinischen Anden öffnete sich noch ein neuer Horizont: der Wein - und mit ihm eine ganze Welt. Die fand er auch in Chile, im Valle Central und nicht in den Kupferminen von Chuquicamata oder im Palast La Moneda, wo er Präsident Allendes letzten Getreuen traf. In Bolivien jedoch holte ihn die Gegenwart wieder ein, die Weltbank, Soja und die Vertreibung der Indianer.
Radiofeature über die Galapagosinseln folgten, Berichte über Ölförderung im Urwald Ekuadors. Schlimmer noch als die Zeit nach dem Bürgerkrieg in El Salvador war Medellin, die Kulturhauptstadt des Kokain in Kolumbien, angenehm dagegen die Zeiten in Guatemala und Venezuela, deren Urbevölkerung er am Atitlansee respektive in der Großen Savanne zu schätzen lernte. So formten die Begegnungen mit der Macht und dem Elend, mit Präsidenten und Landarbeitern, Soldaten und Guerilleros ein differenzierte Weltbild.
Lange Abwesenheiten schaffen stets Entfremdung. Deutschland war mittlerweile etwas klein geworden, doch das neue Berlin als Wohnort interessant genug. Ausserdem gab es bei Grotes Rückkehr ein Projekt, das ihm die Re-Integration erleichterte – die Idee vom Vereinten Europa. Der Weinbau ist für Grote der rote Faden, der sich durch alle Länder zieht. Sein Blick über das Weinglas fiel auf Italien, auf Frankreich und Spanien, auf Portugal und Österreich, die Schweiz. Wieder trat Grote neue Reisen an, sprach mit Winzern, befragte Kellermeister, fotografierte Weinberge, Kellerein und probierte ...
Grotes Kriminalroman "Tod in Bordeaux" handelt von einem deutschen Weinhändler und seinem besten Freund, einem französischen Winzer. Es war das erste Buch der europäischen Reihe. Inzwischen sind es dreizehn  Kriminalromane. Im vergangenen September erschien "Die Insel, der Wein - und der Tod", wie immer im Deutschen Taschenbuch Verlag dtv. "Am falschen Ufer der Rhône" heißt der nächste Roman und erscheint im August 2017 – mit den bereits bekannten Protagonisten Martin Bongers (Tod in Bordeaux und Der Wein des KGB)  sowie Thomas Achenbach (Der Champagner-Fonds und Ein Riesling zum Abschied) ...


 
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